26 - 2014

Ghia, Elisa (2012). Subtitling matters. New perspectives on subtitling and foreign language learning. Bern: Peter Lang

Compte rendu par Heike Elisabeth Jüngst

Sprachenlernen durch Untertitel – wenn es ein übersetzerisches Thema gibt, an dem auch die Allgemeinheit interessiert ist, dann wohl dieses. Schließlich wurde bei den PISA-Studien im Rahmen der fremdsprachlichen Kompetenz immer wieder darauf hingewiesen, wie gut die Untertitelungsländer abschneiden.

Elisa Ghia widmet sich in ihrer Untersuchung folgender Sprachkombination in der interlingualen Untertitelung: Film in der Fremdsprache (Englisch), Untertitel in der Muttersprache (Italienisch): „Specifically, translation is seen as a crucial factor in the process of perception, extraction and acquisition of linguistic information from subtitled audiovisual products.“ (S. 2) Dabei bezieht sich Ghia auf vorausgehende Untersuchungen, in denen betont wird, dass jede Art von fremdsprachlichem Input hilfreich beim Fremdsprachenlernen ist, dass aber unterschiedlicher Input auch unterschiedliche Wirkungen hat. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die Multimodalität untertitelter Filme ebenfalls eine Wirkung haben muss.

Ghia hat zwei experimentelle Studien mit Probanden durchgeführt, in denen folgende Fragen untersucht wurden: „The first study explores if and how subtitle translation affects viewers‘ perception of audiovisual input and the way in which attention is allocated to images, dialogue and subtitles … The second study … investigates whether translational salience impacts the short-term acquisition of syntactic patterns in a foreign language.“ (S. 3) Somit basiert die zweite Studie teilweise auf der ersten.

Des weiteren stellt Ghia die Frage, wie es sich mit der Qualität der Lernerfolge in der Fremdsprache verhält. Diese Fragestellung ist sehr interessant, denn tatsächlich wird sonst gern die Quantität untersucht, die ja auch deutlich leichter zu definieren ist. Grundlegend ist für die Untersuchungen dabei der Begriff der „Salience“ in unterschiedlichen Ausprägungen. Die Definitionen dazu werden in Kapitel 2 und 3 näher ausgeführt. So geht es unter anderem darum, dass O-Ton und Untertitel einander praktisch wörtlich entsprechen können (nicht salient), dass sie sich aber auch in verschiedener Hinsicht unterscheiden können (salient). Die Frage, die Ghia nun stellt, ist: Macht das beim Sprachenlernen einen Unterschied?

In Kapitel 2 weist Ghia außerdem auf die unterschiedlichen Register und Strukturen hin, die man in Filmen findet, und die dem Lernenden unterschiedliche Einblicke in die Sprache geben. Dabei betont sie, dass bei Filmen und Fernsehserien versucht wird, möglichst natürliche Dialoge zu präsentieren – ein Vorteil beim Lernen von relevanten Sprachstrukturen, die der Lernende selbst anwenden möchte.

In Bezug auf den Kernbegriff der „Salience“ beschreibt sie die Unterschiede zwischen Dialogtext und Untertiteln und weist auf Verfahren wie Kürzung, Erklärung und generelle sprachliche Ersatzstrategien hin, die das Lernen vom Originalton beeinflussen. In Kapitel 3 führt die Autorin den Begriff der „Salience“ dann in Bezug auf Übersetzungen näher aus.

Die Darstellung und Auswertung der beiden Studien nimmt den Hauptteil dieses Buches ein. Kapitel 4 enthält die erste Studie der Autorin, beschrieben als „Noticing Study“. Es geht in dieser Studie darum, ob Kontraste zwischen O-Ton und Untertiteln von den Probanden wahrgenommen und als „salient“ erkannt werden. Um vergleichen zu können, wurden Ausschnitte aus einem englischsprachigen Film mit unterschiedlichen Untertiteln versehen; in einer Version kontrastierende, in der anderen wörtliche. Im Anschluss wurde ein Vokabeltest mit jeweils drei Antwortmöglichkeiten durchgeführt: O-Ton, Untertitel und ein Distraktor. Gleichzeitig fand ein Eye-tracking statt.

Kapitel 5 enthält die Beschreibung der zweiten Studie, bezeichnet als „Translational Salience and L2 Acquisition: An Empirical Study“. Dabei geht es nicht um das Erlernen einzelner Vokabeln, sondern um den Erwerb von Satzstrukturen. Die Autorin betont, dass mit der Studie nur Kurzzeit-Lerneffekte gemessen werden können. Beide Studien sind sorgfältig und könnten jederzeit wiederholt werden. Die benutzten Fragebögen finden sich im Anhang.

In Kapitel 6 werden die Resultate der Studien genau aufgeschlüsselt. Die verschiedenen Testformen und die Ergebnisse der Teilnehmer werden dargestellt. Kapitel 7 enthält dann die Diskussion der Ergebnisse. Dabei werden nochmals die Forschungsfragen wiederholt: „Are L1 subtitles added to L2 film input beneficial to the acquisition of L2 syntax? Is the use of different subtitling strategies, related to translational salience, relevant for acquisition? Is translational salience more effective for the learning of some syntactic structures as opposed to others?” (S. 165) Die Analyse ist sehr genau; alles, was zunächst offensichtlich erscheint, wird nochmals hinterfragt.

Sehr kurz fällt dann die „Conclusion“ in Kapitel 8 aus, doch eigentlich ist schon alles zu den Experimenten gesagt worden. Ghia weist darauf hin, dass noch weitere Untersuchungen zu den Phänomenen nötig sind, doch sie entwertet damit ihre eigenen Experimente nicht.

Insgesamt ein kreatives und sorgfältig geschriebenes Buch, das viele Leser verdient hat – unter den Translatologen ebenso wie unter den Sprachdidaktikern.

9 décembre 2014
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